Jetzt, Anfang November, ist die diesjährige Waldorfschulpraktikumssaison auf Haus Bollheim vorbei. Jedes Jahr absolvieren fünf Waldorfschulklassen für eine oder zwei Wochen ihr Landwirtschaftspraktikum – im Schuljargon LWP – bei uns. Jeweils die neunte/n Klasse aus Bonn, Herne, Mainz und Aachen besuchen uns im ganzen Klassenverband und arbeiten mit uns in Gemüsebau, Land- und Hauswirtschaft. Die Termine liegen im Frühjahr im Mai und Juni und im Herbst im September und Oktober. In diesen Monaten können wir sinnvolle Arbeit für Gruppen von 20 bis 35 Menschen, sprich Schulklassen, anbieten. Die Zusammenarbeit wird sehr bereichert durch unser langjähriges Miteinander. Mit allen Schulen arbeiten wir schon länger als 20 Jahre zusammen.
Das LWP auf Haus Bollheim ist eine vielschichtige Angelegenheit. Es lebt von der Begeisterung und dem Engagement aller Beteiligten. Für die Bollheimer*innen bedeutet das LWP unter anderem Hilfe bei der Arbeit, sich einstellen auf die Bedürfnisse von 15jährigen, Herausforderung und frischen Wind im Alltag. Die meisten Jugendlichen, die uns besuchen, haben keine Erfahrung mit dem Leben und Arbeiten auf einem Bauernhof. Es ist für sie eine körperliche, seelische und soziale Herausforderung, so viel Neues in so kurzer Zeit zu erleben.
„Wir haben unser Kind kaum wieder erkannt“ konnte man nach der Rückkehr aus dem Landwirtschaftspraktikum von mehr als nur einem Elternhaus hören: Ausgeglichener, kooperativer, aufmerksamer für das, was zu tun ist, mit wertschätzendem bzw. kritischem Blick auf hochwertige Nahrungsmittel. „Frischer, wie seelisch gelüftet kam unser fünfzehnjähriger Jugendlicher aus dem Landwirtschaftspraktikum zurück“.
„Den Menschen zu erden, wenn er droht, innerlich sich zu verlieren, also auf dem Höhepunkt der Pubertät, hilft das Landwirtschaftspraktikum“. So schreibt die Aachener Waldorfschule den Sinn des Landwirtschaftspraktikum in der neunten Klasse und fährt fort: “Die Schüler erfahren in dieser Zeit einmal mit dem ganzen Körper und allen Sinnen, woher unsere Nahrungsmittel kommen und welche Mühen notwendig sind.“
Als Beispiel aus der Praxis, geschildert von langjährigen LWP-Betreuern der Waldorfschule Mainz: „Die Haus- oder Küchengruppe sorgt für die Verköstigung ihrer Klasse. Es gibt Frühstück, Kaffeepausensnack, Mittagessen und Abendessen. Für das Mittagessen werden insgesamt ca. 70 Portionen Salat, Hauptgericht und Nachtisch hergestellt. Und das alles immer aus frischen Zutaten. Zudem hat die Gruppe für Sauberkeit und Ordnung im Haus zu sorgen. Nebenbei wurden in der ersten Woche für das Hoffest 140 Liter Apfelbrei gekocht.“ Die Mainzer Schüler*innen und Schüler unterstützen uns jedes Jahr tatkräftig bei der Ausrichtung unseres Hoffests.
Ende Oktober hat uns die neunte Klasse der Aachener Waldorfschule besonders bei der Sellerie- und Rotkohlernte sehr geholfen. Beim Pflanzen des Feldsalats im Folienhaus arbeiteten sie bemerkenswert selbständig und gründlich. Vielen Dank dafür.
Frank Sikora, Koordinator der Waldorfschulpraktika auf Haus Bollheim

